Zum 100. Geburtstag des Denkmalpflegers und Ehrenbürgers Heinz Gerling

Am 8. Oktober 2022 wäre Heinz Gerling, nach der Wende von 1989 der erste Ehrenbürger der Stadt Magdeburg, 100 Jahre alt geworden. Der in Magdeburg geborene Bauingenieur und langjährige ehrenamtliche Denkmalpfleger vollzog seine Schul- und Lehrzeit sowie seine Studienausbildung in Magdeburg. Er war nach beruflichen Zwischenetappen Komplementär der Firma Industrie- und Feuerungsbau KG, die aus dem Unternehmen Gerling & Rausch hervorgegangen war. Sie wurde 1972 verstaatlicht und als VEB Industrie- und Feuerungsbau in das Volkseigene Bau- und Montagekombinat Magdeburg (BMK) eingegliedert. War er bis dahin Betriebsdirektor, so übernahm er bald danach verschiedene Leitungsfunktionen im BMK. 1987 ging er in den beruflichen Ruhestand und war danach weiterhin unentwegt für die Belange der Denkmalpflege tätig und trug zum Aufbau eines neuen gesellschaftlichen Lebens nach 1990 bei.
Verleihung der Ehrenbürgerschaft der Stadt Magdeburg an Heinz Geling an seinem 75, Geburtstag.
Verleihung der Ehrenbürgerschaft der Stadt Magdeburg an Heinz Gerling an seinem 75, Geburtstag. Unmittelbar rechts neben Heinz Gerling (Mitte) seine Ehefrau und links der Oberbürgermeister der Landeshauptstadt Dr. Willi Polte.
        Quelle: Sammlung I. Kossel
     Maßgeblich war er an der Aufstellung der Denkmalliste der Stadt Magdeburg beteiligt, auf dessen Basis er die von der Stadt Magdeburg 1991 herausgegebene illustrierte Publikation Denkmale der Stadt Magdeburg zusammenstellte. Er trug dazu bei, die Sicht auf die Baudenkmale auszuweiten. In der Rubrik Denkmale des Städtebaus und der Architektur ließ er die Siedlungen des 1920er Jahre aufnehmen und Nachkriegsbauten, wie die Wilhelm-Pieck-Allee (Ernst-Reuter-Allee), bezog er in die Betrachtung ein. Besonders widmete er sich den Befestigungsanlagen der Stadt. Beim Bau des Magdeburger Ringes, eine Stadtautobahn, in der ersten Hälfte der 1970er Jahre setzte er sich beispielsweise nachdrücklich und mit Erfolg dafür ein, dass zumindest die Kasematten des Bereiches Kavalier V / Ravelin II nicht dem Bau geopfert wurden. Nach 1990 entfaltete er verschiedene  Aktivitäten, um durch ein neu zu schaffendes Gremium die Aufmerksamkeit auf die Festungsanlagen zu lenken.
     Heinz Gerling erhielt zahlreiche Auszeichnungen, die er mit sichtlicher Freude entgegennahm. Die Kammer der Technik (KdT), die Ingenieurvereinigung der DDR, erkannte ihm den Ehrentitel Oberingenieur zu. 1995 ehrte ihn die Deutsche Stiftung f
ür Denkmalschutz für seine Lebensleistung mit der Silbernen Halbkugel. Die Stadt Magdeburg verlieh ihm 1997 die Ehrenbürgerschaft.
     1990 war auch f
ür Heinz Gerling ein gesellschaftlicher Neubeginn. Er wirkte als Ideengeber in zahlreichen Gremien mit. Hervorgehoben sei hier lediglich die Magdeburgische Gesellschaft von 1990 e.V. zur Förderung der Künste, Wissenschaften und Gewerbe, deren jahrelanger Geschäftsführer er war. Er verstand es, das Bewahrenswerte aus der Zeit vor 1989 in die neue Zeit mit hinüberzunehmen. Zu nennen sind die zahlreichen Fachexkursionen und die beliebten Weihnachtskonzerte der Interessengemeinschaft Denkmalpflege. Die Konzerte wurden über einen langen Zeitraum hinweg von der Magdeburgischen Gesellschaft in der Konzerthalle Georg Philipp Telemann, der ehemaligen Klosterkirche Unserer Lieben Frauen, fortgeführt. An ihrer Sanierung sowie an der Installierung eines Glockengeläutes war er beteiligt.
     Wenn auch die ab 1990 geschaffenen Arbeitsgremien vor allem zur Stadtentwicklung hier nicht aufgef
ührt werden, sollen jedoch zwei Zeugnisse seines Wirkens hervorgehoben werden: das Glockenspiel des Magdeburger Rathauses und das Schaubergwerk Büchenberg bei Elbingerode. Seiner Initiative ist die Installation des heute oft erklingenden Glockenspiels zu verdanken. Um das zu erreichen, leitete er den Arbeitskreis Glockenspiel der DDR und rief die Magdeburger Interessengemeinschaft Glockenspiel ins Leben. Lebensfreude begleitete dabei sein Tun. So blieb kurz vor seiner Eröffnung eine Befahrung des von ihm unterstützten geologisch bemerkenswerten Bergwerkes Büchenberg auf seine Veranlassung hin nicht trocken. Eine kräftiges Bergmannsmahlzeit im tiefen Stollen in fröhlicher Runde musste sein! Den Arbeitskreis Kulturbauten lud er jährlich zu einem Zwiebelkuchenessen ein.
     Heinz Gerling bewies in einer schwierigen Zeit, dass man trotz Widerständen viel für die Gesellschaft erreichen kann. Das verdient es, im Gedächtnis bewahrt zu werden!                                                                                                                                                                                                                       
                                                                                                                                                                                                 Bernhard Mai                                          
Heinz Gerling war ein humorvoller und in seinem Handeln gern spitzbübischer Mensch, der ein Gespür dafür hatte, wo sein Engagement erforderlich ist. 1964 war er Gründungsmitglied der Interessengemeinschaft Denkmalpflege im Kulturbund der DDR, deren Vorstand er viele Jahre angehörte. Die Stadt Magdeburg berief ihn 1978 zu ihrem ehrenamtlichen Denkmalpfleger. Die Berufung besiegelte seinen langjährigen Einsatz für denkmalpflegerische Belange. Zwischen 1970 und 1985 wusste er die Stellung als Stadtverordneter des Kulturbundes der DDR  für die Denkmalpflege zu nutzen. Heinz Gerling schuf die Arbeitsgemeinschaft Kulturhistorische Bauten, in die er Vertreter aller die Denkmalpflege betreffenden Bereiche einbezog. Dort fand er Verbündete und Mitwirkende für seine Aktivitäten. Die Sitzungen des Gremiums protokollierte er selbst und dokumentierte in der Rückschau betrachtet die Situation der damaligen Denkmalpflege. Die Protokolle sowie wesentliche Teile seines Nachlasses übergab er noch zu Lebzeiten dem Stadtarchiv Magdeburg. Enge Kontakte unterhielt er zum Institut für Denkmalpflege, Arbeitsstelle Halle, dem Vorläufer des heutigen Landesamtes für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt.