Rettet die noch vorhandenen Magdeburger Festungswerke!
Vor einem Jahr wurde an dieser Stelle schon einmal die Frage gestellt: „Ist die Festung noch zu retten?“
Wie berechtigt die Frage war und ist, zeigt sich unterdessen. Die Festungswerke der Süd- und Westfront, die ein einmaliges Zeugnis des neu-preußischen Festungsbaus der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts sind, wurden an private Investoren veräußert, obwohl ein Erwerb durch die Landeshauptstadt möglich gewesen wäre. Während die Stadt zusah, wie diese die Innenstadt umschließenden Immobilien „weggingen“, wurden Erfahrungsaustausche veranstaltet, Gutachten in Auftrag gegeben und nun soll noch ein Wettbewerb stattfinden. Die dafür ausgegebenen Mittel hätten wohl ausgereicht, um mindestens die Flächen der Westfront zu erwerben. Die Bürger wurden an verschiedenen Initiativen mehr oder minder beteiligt. Vieles wurde – und wird auch noch - so lange hinausgezögert, dass es gegenstandslos wird. Die Bürger glauben durch die Initiativen im Ravelin II und das Vorzeigeprojekt Kaserne Mark, dass alles bestens bestellt sei und dass mit dem von ihnen so gesehene Alleinstellungsmerkmal „Festung Magdeburg“ bei der Bewerbung Magdeburgs um den Zuschlag „Kulturhauptstadt Europas“ gepunktet werden kann. Dem Eigentümer des Kavaliers VI, der Beauflagungen zum Umweltschutz und zur Denkmalpflege zu respektieren hatte und hat, steht das Handeln im Kavalier I gegenüber. Der Eigentümer  des Kavaliers I handelt zurzeit nach dem Motto: „Als Eigentümer kann ich tun, was ich will“. Das kann vor Ort betrachtet werden! Was sagen die Denkmalbehörden dazu? Was sagt die denkmalrechtliche Genehmigung dazu aus? Ist sie überhaupt schon erteilt worden? Man stelle sich vor, die Stiftung „Dome und Schlösser“ käme auf die Idee, im Domdachstuhl Wohnungen einzubauen?! Es wird ein Präzedenzfall für den „freien“ Umgang mit allen übrigen Kavalieren geschaffen! Bald können wir in der im Zweiten Weltkrieg zerstörten Stadt erneut sagen: Es war einmal.
Es kommt jetzt darauf an, der Zerstörung von Festungswerken, die einmalig sind, entgegen zu wirken. Wir rufen Sie dazu auf: Bürger äußert Euch! Teilen Sie uns Ihre Meinung mit!

Der Vorstand des Vereins
Südfront: Kavalier I
Der Bauherr des Kavalier I ist dazu verpflichtet, das ursprüngliche Erscheinungsbild der Wehranlage zu erhalten. Das ist der Wallcharakter. Dafür hat er, nachdem die Erdabdeckung des Kasemattenkorps von ihm vollkommen abgetragen worden ist, einen Vorschlag dem Baudezernat der Landeshauptstadt und den Denkmalschutzbehörden zu unterbreiten. Im Juli 2019 lag auf Anfrage des Festungsbeirates noch kein Vorschlag zur Neugestaltung des Walles und seines Profils vor. Dem Vernehmen nach soll der Bauherr unterdessen einen solchen unterbreitet haben. Vor Wochen sind an zwei Abschnitten der Südseite des Kasemattenkorps grüne Planen gespannt worden. Sollte das der Vorschlag zur beabsichtigten Neugestaltung sein, so ist diesem entschieden zu widersprechen. (siehe Abbildung)
Der Eigentümer und Bauherr hat beim Stadtrat der Landeshauptstadt den Antrag gestellt, den Hammersteinweg zugunsten des Kavaliers I umzubenennen, um an das Festungswerk zu erinnern. (!) Dem ist nur hinzuzufügen: Wo ist das denkmalgeschützte Kavalier I hin? Wo ist es geblieben? Das allein wissen nur der Bauherr und die ihn kontrollierenden Behörden!
FortVI

bm

Stellungnahme zum derzeitigen Zustand des Forts VI der ehemaligen Festung Magdeburg und die möglichen Perspektiven zu seinem Erhalt und zu seiner schonenden gesellschaftlichen Nutzung
Der Magdeburger Fortgürtel, zu dem das Fort VI gehört, wurde im Deutschen Krieg von 1866 provisorisch sowohl zum Schutze der Festung als auch im Zuge ihrer vorübergehenden Funktion als Lagerfestung angelegt. Bis 1873/1874 wurde das Fort als permanentes Festungswerk ausgebaut. 1900 wurde das Fort im Rahmen der Entfestigung aufgegeben. Eine Radialchaussee mit unterschiedlichen Deckenbefestigungen verband das Fort mit der Festung. Es ist davon auszugehen, dass das Fort VI  auch Übungszwecken diente. Dafür sprechen einerseits die vergleichsweise große sich kehlseitig erstreckende Grundstücksfläche und ein Stadtwasseranschluss, über den die übrigen Forts nicht verfügten, sowie das Vorhandensein eines Blockhauses.
    Der geschlossene Wall des Forts setzt sich ringförmig aus einem Glacis, einem hinter seinem Kamm befindlichen gedeckten Weg, einem Trockengraben und einem Hauptwall zusammen. Seine Kasematten sind einschließlich der Saillantpoterne erhalten geblieben. Sie wurden für den Luftschutz in den 1930er Jahren mehr oder minder stark verändert. Das trifft auch auf Veränderungen durch die Nutzung des Forts für Übungszwecke durch die Zivilverteidigung der DDR in den 1970er Jahren zu. Damals erfolgten Eingriffe in den Hauptwall  und das Grabenprofil. Dadurch ist der Wasserabzug des Grabens gestört. Die Grabensohle ist mit Wasser bedeckt. Ein ursprünglich vorhanden gewesenes Blockhaus, ein Pferdestall und die Grabenkaponnieren existieren nicht mehr. Die noch vorhandenen Kasematten und die im Schutze der Mitteltraverse befindliche Latrine sind in der Anlage aufgelistet. Die im Kehlbereich befindlichen Bauten einer Waldschule der 1920er Jahre sind nach 1990 beseitigt worden.
    Insgesamt kann festgestellt werden, dass das Fort VI das am besten erhaltene ist. Die  Wallprofile sind zu erkennen. Die meisten Kasematten sind vorhanden. Der Vandalismus hält sich in Grenzen. Das Fort leidet in allen seinen Bestandteilen an seiner Selbstüberlassung. Daraus ergibt sich:
    Die Eigentümerschaft der Landeshauptstadt am Fort VI ist zu erhalten.
Das Fort VI ist in seinem gegenwärtigen Zustand zu erhalten. Dazu ist von der Landeshauptstadt ein Unterhaltungsplan zu erarbeiten und zu beschließen.
Die Kasemattenräume sind zu sichern. Dadurch ist auch ein voranschreitendes Rosten der bombensicheren Decken zu verlangsamen.
Eine begrenzte gesellschaftliche Nutzung ist anzustreben. Dazu empfiehlt es sich, öffentliche Führungen anzubieten und Träger für gelegentliche Veranstaltungen zu finden. Dazu wird ein Vorschlag erarbeitet werden.
     Magdeburg, im März 2016  

Aufruf

Erwerb des Forts VI durch die Landeshauptstadt Magdeburg
Der Verein Freunde der Festung Magdeburg fordert die Landes­hauptstadt dazu auf, das in Landesbesitz befindliche Gelände des ehemaligen Forts VI zu erwerben und zu einem Freizeitzentrum zu entwickeln. Es ist zu verhindern, dass das Gelände in Privat­besitz übergeht und Investoren die Zukunft des noch am besten erhaltenen Forts der einstigen Festung Magdeburg nach eigenem Ermessen bestimmen.
Ein Kristallisationspunkt für die Naherholung und ein Ort für stadtteilspezifische Bürgerveranstaltungen fehlt im Nordwesten der Stadt. Das Fortgelände VI bietet sich dafür an. Es kann zum Mittelpunkt des in seiner Nachbarschaft befindlichen öffentlichen Grüns entwickelt werden.
Mit dem Erwerb wird in einem ersten Schritt die städtische Pla­nungshoheit gesichert. In weiteren Schritten hat in Abhängigkeit von Nutzungsvarianten und der Haushaltslage der Landeshaupt­stadt der Ausbau zu erfolgen.
Das Gelände besteht aus zwei Teilen: der denkmal- und teilweise naturrechtlich geschützten Wehranlage und der sich nach Osten anschließende zurzeit noch gewerblich genutzten Fläche. Die Wehranlage mit ihren noch erhaltenen und möglicherweise wieder zu ergänzenden Bauten ermöglicht eine vielgestaltige Nutzung. Eine Denkmaldokumentation lässt das Landesamt für Denkmal­pflege und Archäologie zurzeit erstellen. Sie wird erlauben, den materiellen und finanziellen Aufwand für die Sicherung des Be­standes abzuschätzen.
Es gilt, die Chance zu nutzen, einerseits eine einstige Wehranla­ge zu erhalten und sie andererseits zum Freizeitzentrum für die Bürger zu entwickeln.
Fort VI
Im Auftrag des Landesamtes für Denkmalpflege und Archäologie hat der Verein Freude der Festung Mag­deburg damit begonnen, das an der Lerchenwuhne gelegene, unter Denk­malschutz stehende Fort VI zu doku­mentieren. Gleichzeitig wurde das von S. Schmiedecke gestaltete Informati­onsblatt zum Fort, das zum „Tag des offenen Denkmals 2018“ erstellt wurde, aktualisiert. Es ist beim Verein gegen eine geringfügige Spende erhältlich.
Flyer
Im Februar 2020 fand mit einer begrenzten Teilnehmer­zahl eine Begehung des Forts VI mit dem Ziel statt, Pflegear­beiten und die Erstellung einer Denkmaldokumentation vor­zubereiten. Coronabedingt konnte nicht zur Mitwirkung an den Pflegearbeiten aufgerufen werden. Für die Denkmaldo­kumentation wurde zwischen dem Verein und dem Landes­amt für Denkmalpflege und Archäologie eine Vereinbarung abgeschlossen.
Begehung
Begehung des Forts VI am 22. Februar 2020
Foto: Verein
Stellungnahme zum Kavalier I

Glosse

Das Kavalier I und keine Ende

Wie die Bauverwaltung der Landeshauptstadt auf Anfragen der Freunde der Festung Magdeburg reagiert.

Freigelegtes Kasemattencorps mit Aufbauten, von Süden.(10.10.2021)
Kavalier I Foto: sas
Freigelegtes Kasemattencorps mit Aufbauten, von Süden.(10.10.2021)
Kasemattencorps von Nordwesten, im Vordergrund die sich im Umbau befindende Kehlkaponniere (24.10.2021)
Kavalier I Foto: sas
Kasemattencorps von Nordwesten, im Vordergrund die sich im Umbau befindende Kehlkaponniere (24.10.2021)
Übersicht von der Verwaltung bisher bereitgestellten Akten
Kavalier I Foto: sas
Übersicht von der Verwaltung bisher bereitgestellten Akten
Der Vereinsvorstand fasste im März 2021 einstimmig den Beschluss, wegen der städtischen Genehmigungen, die letztlich zur Zerstörung des Kavaliers I „Scharnhorst“ führten, die Stadtverwaltung um Vorlage aller diesbezüglichen Akten zu bitten. Eigentlich ist es ein ganz normales Verwaltungsverfahren: Jeder, also wirklich „jeder“, kann nach dem klaren Wortlaut des § 1 Informationszugangsgesetz (IZG) ohne Angabe von Gründen Einsicht in abgeschlossene Verwaltungsvorgänge verlangen.
Der darauffolgende Schriftverkehr sollte zu einen „Lehrstück“ werden, wie die Bauverwaltung versucht, solche Bürgeranfragen abzuwehren: 
Schon Ende März traf ein Antwortschreiben des damaligen Baubeigeordneten ein, in dem er nicht etwa einen Termin zur Akteneinsicht anbot. Er forderte, in fetten Lettern gedruckt, das Auskunftsersuchen zu „konkretisieren“. Auch sollte der Auskunftswunsch begründet werden, weil Rechte Dritter betroffen sein könnten. Zum Schluss wurde noch darauf hingewiesen, dass die Auskunft natürlich bis zu 500 EUR kosten könne.
Nun mag man sich fragen, ob die Stadtverwaltung wirklich einer Konkretisierung des Wortes „alle“ bedarf, aber dem ausdrücklichen Wunsch des Baudezernenten war mit einfachen Worten zu entsprechen. Schwieriger gestaltet es sich für den auskunftssuchenden Bürger allerdings, eine Begründung zur Abwägung der Gestattung von Akteneinsicht zu liefern, wenn man die möglicherweise betroffenen Rechte Dritter nicht kennen kann, weil die Bauverwaltung sie vorsorglich nicht näher nennt.
Aber so leicht lässt sich der Verein nicht abschrecken. Also wurde der Antrag umgehend in einem weiteren Schreiben mittels Erläuterung des Wortes „alle“ „konkretisiert“ und auf die bekannte, herausragende Bedeutung des betroffenen Denkmals hingewiesen, weshalb die Kenntnis für Gründe der Verwaltung, dessen weitgehende Zerstörung zu gestatten, jedenfalls nicht ohne konkrete Prüfung hinter nicht einmal benannten Rechten Dritter zurückstehen müssten. Es gäbe ja noch das mildere Mittel der „Schwärzungen“ und die Herausnahme von einzelnen Seiten um die Rechte Betroffener zu schützen. Um der Verwaltung die Arbeit zu erleichtern, sollte falls nicht anders möglich, eine zu übersendende Übersicht über die vorhandenen Vorgänge die Einsichtnahme erleichtern.
Wer nun erwartet hatte, die Bauverwaltung würde Akteneinsicht gewähren, sah sich getäuscht. Sie ging zum Gegenangriff über:
Mit einer seiner letzten Amtshandlungen forderte der scheidende Baudezernent unter Setzung einer kurzen Frist, der Festungsverein solle nunmehr genau benennen, in welche Vorgänge er Einsicht nehmen wolle. Sämtliche Vorgänge enthielten personenbezogene Daten Dritter. In Bauakten enthalte fast jedes Blatt personenbezogene Daten. Durch Schwärzungen einzelner Textpassagen sei das Erfordernis der Abwägung nicht zu umgehen. Immerhin waren dem Schreiben Übersichten beigefügt, die über hundert Verwaltungsvorgänge in der Bauverwaltung aufführten. Allerdings sei mit Kosten von bis zu 500 EUR je Auskunft zum jeweiligen Verwaltungsvorgang zu rechnen. Kostengünstigere Varianten kämen nicht in Betracht.
Schon ein Recht zur Fristsetzung gibt es nach dem IZG nicht. Das räumte auch eine telefonisch befragte Verwaltungsmitarbeiterin ein. Man habe die Frist genannt, weil man schnell zu einem Abschluss gelangen wolle. Selbstverständlich würde man auf Antrag eine „Fristverlängerung“ gewähren. Warum eine unzulässige Frist auch noch „großzügig“ verlängert werden muss, erklärte sie leider nicht.
Es seien ziemlich viele Akten betroffen, stellte die Verwaltungsfrau fest, deshalb zur Arbeitserleichterung die schriftliche Bitte um Konkretisierung. Wie sie ohne Prüfung der Akten zu der Aussage gelangen konnte, dass alle Akten, selbst B-Pläne, und „fast jedes Blatt“ personenbezogene Daten enthielten, vermochte sie nicht zu sagen. Wie der Bürger, der die Akten und damit die Betroffenheit Dritter gerade nicht kennt, nähere Begründungen liefern kann, die die vorgeschriebene Abwägung erlauben, wusste die Verwaltungsmitarbeiterin leider auch nicht. Warum mittels Schwärzungen die Rechte Dritter nicht gewahrt werden können, ebenfalls nicht. Die Durchsicht sei mit viel Arbeit für die Verwaltung verbunden, „Die Zeit könne man besser für Anderes verwenden“, seufzte sie.
Ein Blick in das IZG, wie auch in die Veröffentlichungen des Landesdatenschutzbeauftragten und Beauftragten für die Informationsfreiheit, hätten ihr aber helfen können. Danach muss zunächst die Verwaltung nach Durchsicht der Akten konkret benennen, welche Rechte Dritter in welcher Weise betroffen sind, damit der auskunftssuchende Bürger darauf reagieren kann. Auch kann durch „Schwärzungen“ von Daten und die Herausnahme einzelner Seiten aus den Akten das Auskunftsrecht der Bürger erfüllt und problemlos die Rechte Dritter gewahrt werden. Die übrigen Akten müssen unverzüglich zur Einsicht bereitgestellt werden. Es ist ja nur „fast“ jedes Blatt vor unseren Blicken zu schützen, also müssten ein paar Blätter zur Verfügung gestellt werden können.
Auch die in Aussicht gestellte Kostenforderung, laut Verwaltung maximal 500 EUR pro Vorgang, bei derzeit 112 benannten Vorgängen also bis zu 56.000 EUR, ist völlig falsch. Ein Schelm, der hier Böses, etwa eine Abschreckung der Bürger vermutet! Nicht etwa auf jeden Verwaltungsvorgang, sondern auf das Auskunftsverlangen insgesamt bezieht sich die Höchstsumme von nunmehr 500 EUR. Die Summe ist übrigens bereits durch zugesagte Spenden abgesichert, der Verein wird dadurch nicht belastet.
Die Verwaltung hatte noch einen Tipp: Es gäbe bald einen neuen Baubeigeordneten, vielleicht könne man mit dem das Gespräch suchen. Nun sind Gespräche, gerade mit der Führung des Baudezernats sicher immer hilfreich, es bestanden aber hier Zweifel, ob sie eine Einsicht in Akten zum „Kavalier Scharnhorst“ ersetzen könnten. Aber „Versuch macht klug“, und so kam es durch Vermittlung tatsächlich im Juli zu einem Gespräch mit dem neuen Baubeigeordneten. Der klärte aber schon zu Gesprächsbeginn darüber auf, dass er zwar gern über sich, sein bisheriges Wirken und seine zukünftigen Vorhaben zum Wohl der Stadt, aber in dieser Beratung nicht über das Auskunftsverlangen sprechen wolle. Wenn der Verein nun – mangels Auskunft - mit einem Verwaltungsstreitverfahren, gar mit Anwälten drohe, sei mit ihm kein Gespräch mehr möglich…
Zu einem solchen Gesprächsangebot erübrigt sich ein weiterer Kommentar.
Überraschend traf aber Anfang August ein Schreiben ein, dem tatsächlich Auszüge aus Akten beigefügt waren. Der aktuelle Baubeigeordnete erklärte dazu einführend, man habe die Bauherren als „Dritte“ beteiligt, diese würden „in der Mehrheit“ eine Akteneinsicht wegen der enthaltenen personenbezogenen Daten ablehnen. Die freigegebenen Aktenauszüge enthielten weniger datenschutzrechtlich Relevantes. Ein Ergebnis, das wohl kaum überrascht, denn wer gibt schon gern seine privaten Daten ohne Grund weiter? Personenbezogene Daten hatte der Verein aber gerade nicht verlangt, sondern zum Schutz der Interessen Dritter zuvor um die Anonymisierung der Akten gebeten. Es stellt sich nun die Frage, welche personenbezogenen Daten der Bauherren die Stadt schützen will, wenn sie gar nicht verlangt sind.
Dass sich die Daten der Bauherren durch die erbetenen Schwärzungen problemlos schützen lassen, beweist der Baubeigeordnete umgehend in seinem Schreiben. Einer der Bauherren hatte nämlich kein Problem mit einer Akteneinsicht, falls seine darin enthaltenen personenbezogenen Daten „geschwärzt“ würden. Der Verein darf nun diese Akten einsehen, sobald die Schwärzungen vollzogen sind, schreibt der Baubeigeordnete. Warum die Akten der anderen Bauherren, die nach den Schwärzungen etc. auch nicht mehr dem von den Dritten gewünschten Datenschutz unterliegen würden, nicht gleichfalls so behandelt und herausgegeben werden, schreibt er nicht. Das umfangreiche und teure Beteiligungsverfahren Dritter hätte er deutlich abkürzen können, wenn er unserer Bitte gefolgt wäre und die Akten umfassend anonymisiert hätte.
Im selben Schreiben weist der Baubeigeordnete zu Recht darauf hin, dass die (Bau-)Maßnahmen noch nicht abgeschlossen seien. Es sind z.B. die aktuellen Auflagen der Baugenehmigungen, wie die Aufbringung der ursprünglichen Erdüberdeckung zu erfüllen. Hat er etwa die Hoffnung, das weitere Stockwerk, genannt „Wintergärten“, würde zurück gebaut um die prägende Erdüberdeckung des Kavaliers gemäß den Auflagen wieder aufzubringen? Nein, so viel Naivität ist ihm und der Bauverwaltung nicht zu unterstellen.

Die Entscheidungen seien sogar im „Benehmen“ mit dem Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie ergangen, wird im Schreiben erklärt. Allerdings bedeutet „Benehmen“ im Verwaltungsdeutsch nur, dass eine Behörde im Verfahren gefragt wurde, nicht aber, dass sie einverstanden war oder dass die Stadtverwaltung deren Stellungnahme berücksichtigt hat. Der Hinweis ist also ungeeignet, die Verantwortung für das städtische Versagen mit dem Landesamt zu teilen.
Bleiben wir gespannt, wie die Bauverwaltung die Erfüllung der aktuellen Auflagen der Baugenehmigungen sicherstellen will. Eine Idee liefert die bisherige Verwaltungspraxis zum Kavalier 1. Zwar erweisen sich die dem Schreiben beigefügten Aktenauszüge zu denkmalrechtlichen Genehmigungen als äußerst rudimentär und völlig willkürlich ausgewählt. Sie sind aber geeignet, erste Schlüsse zur Genehmigungspraxis zu ziehen. So zeigt das Datum verschiedener Genehmigungen, dass sie die zuvor bereits rechtswidrig durchgeführten baulichen Veränderungen einfach nachträglich legitimieren. Pro forma blieben Auflagen erhalten, deren absehbare, bewusste Nichteinhaltung letztlich auch wieder mittels nachträglicher Genehmigung hingenommen wird. Also dürfte recht klar sein, wie mit den weiteren, hinderlichen Auflagen des Denkmalschutzes in Zukunft umgegangen wird…
Laut diesen Teilakten handelt es sich bei dem Kavalier I „samt seiner gemäß den Auflagen um ein erhaltenswertes, das Bild der Kulturlandschaft prägendes Gebäude, welches (durch die Baumaßnahme) einer zweckmäßigen Nutzung zugeführt wird“. Diese Darstellung verkennt grob, dass das gesamte Gelände des Kavalier I als Flächendenkmal geschützt ist. Das im Kavalier I befindliche Kasernengebäude ist lediglich ein - nicht einmal zwingender Bestandteil - des durch die Erdwallanlage mit Geschützstellungen bestimmten Denkmals. Die willkürliche Reduzierung des  Kavalier I auf ein Gebäude schafft allerdings erst den gewünschten Rechtsrahmen für eine Baugenehmigung. Läge der Schwerpunkt der Betrachtung richtigerweise auf der Erdwallanlage, wäre eine Entfernung der Erdumwallung und damit die (vorgeblich vorübergehende) Zerstörung des Kavaliers wohl nicht infrage gekommen. Ob das übrig gebliebene Kasernengebäude ohne Wall nach dem Einbau großer Fenster und der Aufstockung um ein weiteres Stockwerk in Zukunft „als die Kulturlandschaft prägend erhalten“ und „zweckmäßig“ genutzt wird, kann jeder leicht entscheiden, der das ursprüngliche Aussehen kannte.
So kann Denkmalschutz in Magdeburg keine Wirkung entfalten! Unsere Angst vor der Zerstörung weiterer Denkmäler ist bei derartigen Entscheidungen der Bauverwaltung mehr als begründet!
Müssen in Magdeburg die Denkmäler vor dem städtischen Denkmalschutz geschützt werden? Einiges spricht dafür! So ist die noch weitgehend erhaltene „Westfront“ in akuter Gefahr. Sie wird von Teilen der Bauverwaltung auf das städtische „Ravelin II“ reduziert, das unter hohem persönlichem Einsatz des dortigen Sanierungsvereins und mit erheblichen Fördermitteln beispielhaft saniert wird. Uns treibt die Sorge um, dass für diese Sanierung andere bedeutende Teile der „Westfront“ in der Maybachstraße für die weitere „bauliche Entwicklung“ durch stadtbekannte „Investoren“ freigegeben und letztlich zerstört werden. Immerhin hatte die Stadt zuvor vorsorglich und heimlich auf den Erwerb des ehemaligen Bahngeländesund damit auf deren Schutz bewusst verzichtet. Auch dort sind es überwiegend „bloße Erdwälle“, die diesen Festungsabschnitt prägen und den Gebäuden den wertvollen Zusammenhalt geben. Gleiches gilt für das als Landeseigentum weitgehend unberührt erhaltene Fort VI. Es soll nach Ansicht der Stadtverwaltung keinesfalls erworben werden. Sobald ein „Investor“ die Anlage vom Land kaufen kann, dürfte die aktuelle Praxis des städtischen Denkmalschutzes schlimme Folgen auch für dieses einzigartige Zeugnis preußischen Festungsbaus haben.
Der Schutz der materiellen Zeugnisse unserer Geschichte sollte wieder einen Stellenwert erhalten, der über das zeichnerische und fotografische „Erfassen“ von Denkmälern mit anschließender Zerstörung hinausgeht, wie wir es beim Bau der Strombrücke mit den Resten der Bastion Kronprinz“ erlebt und beim „Reservewasserwerk“ nahe dem Kavalier I in Kürze zu erwarten haben.
Wir werden deshalb auch in anderen Fällen auf eine umfassende Akteneinsicht dringen und die aus unserer Sicht mehr als fragwürdigen Genehmigungsverfahren weiter offen legen. Vielleicht erreichen wir bei den Denkmalschutzbehörden oder im Stadtrat ein Umdenken und so einen angemessenen Schutz des historischen Erbes der Stadt Magdeburg, wie er in anderen Kommunen bereits langjährige Praxis ist.
                                                                                                                                                                                                                                                        

                                                                                                                                                                                                                   Martin Rohrßen